26.03.2020, Anonym

Plötzlich alleine? Eine Mutmachidee für das Pflegeheim

Für einen gesunden Menschen ist die aktuelle Situation schon nicht leicht zu verstehen. Aber was bedeuten die Einschränkungen eigentlich für pflegebedürftige oder kranke Personen? Für Personen, denen man nicht mal eben erklären kann, warum sie plötzlich niemand mehr besucht, warum die so vertrauten Stimmen plötzlich nicht mehr da sind?  

Mein Schwiegervater wurde auf Grund einer schweren Erkrankung vor nun fast zwei Jahren in eine Pflegeeinrichtung eingeliefert.

Sprechen, eigenständiges Essen oder etwa Aufstehen ist seither leider nicht mehr möglich. Aber Blicke verraten, dass er sehr wohl mitbekommt, was um ihn herum passiert.

Meine Schwiegermutter ist seit dem ersten Tag täglich von morgens bis abends an seiner Seite. Auch die Pflegerinnen und Pflegern haben stets ein freundliches Wort für ihn, aber im Alltag fehlt schlicht und einfach die Zeit, um intensiv mit allen Bewohner*innen zu sprechen oder mal eine halbe Stunde zuhören, was den Bewohner*innen am Herzen liegt.

Meine Schwiegermutter kümmert sich voller Herzblut und Hingabe um ihren Mann. Sie inhaliert zusammen mit ihm, schmiert wunde Stellen, übt leichte Bewegungen, meldet die kleinste Veränderung und ist vor allem einfach da - spricht, küsst, liebt! Und plötzlich darf sie nicht mehr zu ihrem Mann.  

Nach dem ersten Schockmoment schlägt sie sich wirklich tapfer. Selbstverständlich kreisen die Gedanken permanent um ihren Mann, aber im Grunde ist ja klar, wie wichtig es ist, Ansteckungen und die Ausbreitung des Virus im Heim zu vermeiden. Da bleibt nur die Situation anzunehmen und sich in der Zwangspause selbst auch mal Gutes zu tun. Und uns bleibt nur ran ans Telefon und mehrmals täglich den Kontakt mit ihr aufnehmen.

Und mein Schwiegervater? Ob er verstehen kann, warum plötzlich niemand mehr kommt und wir ihn nicht besuchen, wissen wir nicht. Aber es gibt eben immer Wege und Möglichkeiten.

Wie zum Beispiel eine schöne, selbstbesprochene CD mit Erzählungen und Liedern aufzunehmen. Eine tolle Idee die meine Schwägerin gleich umgesetzt hat. Die bekannten Stimmen der Tochter, Enkelin und Ehefrau im Zimmer geben meinem Schwiegervater das Gefühl nicht alleine zu sein. Das ist er auch nicht - denn im Herzen sind alle ganz nah und da!

Und wer weiß - ganz bestimmt hat die ganz Krise etwas Gutes und es wird sich endlich etwas ändern und Pflege- und Gesundheitsberufe bekommen endlich ihre wohlverdiente Anerkennung.