Aktiv trotz chronischer Krankheit
Selbstmanagementkurse für chronisch Kranke und Angehörige als Brücke zur Selbsthilfe
Claudia S. leidet seit Jahren an chronischen Schmerzen. Sie fühlt sich oft antriebslos und deprimiert und isoliert sich immer mehr. Die Nächte sind eine einzige Qual und am nächsten Tag kommt sie kaum auf die Beine. Über eine Bekannte erfährt sie von INSEA – einem „Gesund und aktiv leben“ Kurs, der sich speziell an Menschen mit chronischen Erkrankungen richtet. Dieser hilft ihr dabei, aktiv mit ihren Problemen umzugehen und bietet gleichzeitig leicht verständliche Informationen für ihr Hauptthema: endlich wieder nachts besser zu schlafen. Besonders gut findet Claudia, dass eine der beiden Kursleitungen selbst Erfahrungen mit chronischen Schmerzen hat und dadurch viel Verständnis für sie zeigt. „Endlich tue ich wieder etwas für mich und lerne andere kennen, denen es genauso geht.“ Die zweite Kursleiterin ist eine Mitarbeiterin der Selbsthilfekontaktstelle, die am Ende des Kurses verschiedene Selbsthilfegruppen aus dem Gesundheitsbereich vorstellt. Claudia geht den nächsten Schritt und besucht nach Abschluss des INSEA-Kurses eine Selbsthilfegruppe und nutzt dort auch die zusätzlichen Angebote zur Entspannung und Bewegung. Die Fünfzigjährige freut sich: „Der INSEA- Kurs war sehr bereichernd. Für die Informationen, Inhalte und die Organisation bin ich sehr dankbar. Auch die Gruppe war sehr nett und die Atmosphäre prima. Wir unterstützten einander moralisch und hatten – egal welche chronische Krankheit – nicht mehr das Gefühl allein zu sein. Ohne die Unterstützung in der INSEA-Gruppe hätte ich mich aber nicht in die Selbsthilfegruppe getraut.“
Um Menschen wie Claudia S. Hilfe anzubieten, werden INSEA-Kurse von fünf Selbsthilfekontaktstellen in Bayern durchgeführt und von der Selbsthilfekoordination Bayern e.V. (SeKo Bayern e.V.) als Netzwerkstelle und Träger des Projektes unterstützt. Hier sind Theresa Keidel, Ruth Götz und Barbara Fischer für das Projekt zuständig. Die bundesweite Projektleitung liegt bei der Medizinischen Hochschule Hannover. Der Name des Projektes „INSEA“ steht für “Initiative für Selbstmanagement und aktives Leben“.
Menschen mit körperlichen sowie psychischen Erkrankungen und Behinderungen lernen in dem Kurs an sechs Terminen, gesünder zu leben. Auch Angehörige und Freunde sind willkommen. Alle Teilnehmenden entwickeln von Woche zu Woche einen individuellen Handlungsplan. Der hilft dabei, die guten Vorsätze tatsächlich umzusetzen. An einem Zusatztermin können die Teilnehmenden die örtlichen Selbsthilfegruppen kennenlernen. „Die Brücke zur Selbsthilfe funktioniert sehr gut: Menschen kommen raus aus ihrer Isolation, lernen im Kurs andere Erkrankte kennen und unterstützen sich gegenseitig. So wurden schon viele Leute über die INSEA-Kurse an Selbsthilfegruppen vermittelt und neue Gruppen sind entstanden. Außerdem entstehen an immer mehr Standorten INSEA-Treffs und sogar INSEA-Selbsthilfegruppen, deren Mitglieder zusätzlich zur themenorientierten Hilfe selbstorganisiert ihre eigene Gesundheit weiter verbessern wollen“, so Theresa Keidel von SeKo Bayern.
Auch der Großteil der Kursleiter/innen ist ehrenamtlich in der Selbsthilfe engagiert und selbst chronisch krank. So wissen sie genau, wovon sie sprechen, wenn sie im Kurs auf andere Menschen mit dauerhaften Beeinträchtigungen treffen.
INSEA ist ein evidenzbasiertes, an der Universität Stanford entwickeltes Selbstmanagement-Programm, gefördert von Careum. Die Umsetzung in Deutschland wird ermöglicht durch Robert Bosch Stiftung und BARMER. INSEA kann während der Projektlaufzeit, die nun wegen des großen Erfolgs bis 2021 verlängert wird, kostenfrei angeboten werden. 93% aller Teilnehmenden sagen, dass sie im Kurs gelernt haben, was sie selbst für ihre Gesundheit tun können, 96% haben sich in der Kursgruppe wohl gefühlt und 94% würden den Kurs weiterempfehlen. Sie zeigen nach Abschluss des Programms eine deutlich verbesserte Lebensqualität, mehr psychisches Wohlbefinden, weniger Erschöpfung und soziale Isolation.
Dies zeigen die Ergebnisse der Fragebögen, welche in den Kursen eingesetzt werden. Nicht zuletzt verbesserte sich die Zusammenarbeit mit dem Fachpersonal im Gesundheits- und Sozialwesen.